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Was ist Hirschhornsalz?
Obwohl Hirschhornsalz in die Weihnachtsbäckerei gehört, ist es kein Gewürz, sondern ein Backtriebmittel. In reiner Form ist Hirschhornsalz auch als ABC-Trieb bekannt.
Chemischer Steckbrief
Es handelt sich um eine Mischung aus Ammoniumhydrogencarbonat, Ammoniumcarbonat und Ammoniumcarbamat. Das Produkt wird heute ausschließlich chemisch erzeugt.
Historisches zu Hirschhornsalz
Knochen, Geweihen, Klauen und Hörnern schrieben die Menschen vermutlich schon in der Steinzeit heilende Kräfte zu. Dies dürfte der Hintergrund sein, wieso sie Hirschgeweih zu Pulver zerrieben und dieses erhitzen. Bei diesem Verfahren, das die Chemiker trockene Destillation nennen, entstand ein weißes Pulver, das nach Salmiak schmeckt und nach Ammoniak riecht. Diese Art der Herstellung ist bis heute verantwortlich für die Bezeichnung Hirschhornsalz.
Das Salz entsteht auch, wenn Horn, Hufe, Klauen und Leder andere Tierarten dem Prozess unterworfen werden. Wann die Menschen erstmal auf die Idee kamen Backwaren aufzulockern ist unbekannt. Vermutlich sollte es diese würzen. Es ist auch anzunehmen, dass die im Horn vermuteten Heilkräfte auf das Gebäck übertragen werden sollten.
Bekannt ist, dass Hirschhornsalz den Kunstmalern im Mittelalter dazu diente, Kaseinfarben herzustellen. Da das Salz sehr leicht fremde Gerüche annimmt, diente es auch als Riechsalz. Die „belebende“ Wirkung liegt weniger am zugegebenen Duft als vielmehr am stechenden Salmiakgeruch.
Heute entsteht Hirschhornsalz ausschließlich aus einer Mischung von Ammoniumchlorid, Holzkohle und Calciumcarbonat. Es ist als trotz seines Namens ein veganes Erzeugnis.
Geschmack und Verwendung:
Pures Hirschhornsalz schmeckt leicht nach Salmiak. Dies ist aber nicht der Grund, wieso es Teigen zugesetzt wird.
Beim Erhitzen zerfällt das Salz ab 60° Celsius in Kohlenstoffdioxid, Ammoniak und Wasser. Durch die Hitze verdampft das Wasser zu Wasserdampf und entweicht zusammen mit den beiden Gasen aus dem Teig. Dies dient der Lockerung, das Gebäck geht beim Backen auf.
Ammoniak verändert den Geschmack und die Farbe von Gebäcken. Er muss beim Backen nahezu vollständig entweichen. Aus diesem Grund eignet sich Hirschhornsalz nicht für hohe Kuchen.
Gebäck mit Hirschhornsalz ist lange haltbar. Es ist aber nicht erwiesen, ob dies an dem Salz liegt oder an anderen Zutaten, die meist zusammen mit dem Backtriebmittel zum Einsatz kommen.
Hirschhornsalz in etwas Wasser, Milch, Sahne oder Eiweiß auflösen und die Mischung dem Teig zufügen. Den Teig vor dem Backen längere Zeit ruhen lassen. Hirschhornsalz regt die Milch- und Essigsäuregärung an. Dies verstärkt das Auftreiben des Teigs.
Inhaltsstoffe und Wirkung
Der Verzehr von purem Hirschhornsalz ist schädlich. Da es beim Backen zerfällt und der Ammoniak entweicht, ist das Gebäck nicht giftig. Aber unter Hitzeeinwirkung entsteht auch Acrylamid. Daher rät das Chemische und Veterinär-Untersuchungsamt Stuttgart von der Verwendung ab. Die EU gibt Ammoniumcarbonate aber als Lebensmittelzusatzstoff E 503 ohne Höchstmengenbeschränkung für Lebensmittel frei.
Gebratene oder frittierte Kartoffelprodukte, Kaffee, Kekse und Kräcker haben in der Regel einen deutlich höheren Gehalt an Acrylamid als Gebäck, dem als Triebmittel Hirschhornsalz zusetzt wurde.
Alternativen zu Hirschhornsalz
Traditionelle Weihnachtbäckerei
Das übliche Backtriebmittel war die Hefe. Es war vermutlich schwierig in der kalten Jahreszeit mit Hefe zu backen, da Hefeteig zumindest einige Stunden in warmer Umgebung gären muss. Ein solches Umfeld zu schaffen war kaum möglich. In den Küchen war es zu heiß und in den Lagerräumen zu kühl.
Backpulver wurde erst Mitte des 19. Jahrhunderts erfunden und konnte daher die Hefe in der traditionellen Bäckerei nicht ersetzen. Die Backtriebmittel Pottasche und Hirschhornsalz waren den Menschen von lange bekannt. Dies dürfte der Grund sein, wieso die Bäcker den Teig von Gebäck, das meist im Winter gebacken wurde, mit diesen Mitteln auflockerten.
Wirkung der chemischen Backtriebmittel
Die Mittel bestehen aus einem Salz, das sich unter Hitze in Gase zersetzt. Diese entweichen aus dem Teig. Dies macht in porös und locker. In der Tabelle sind die Besonderheiten der Produkte aufgeführt.
Mittel | Inhaltsstoffe | Zersetzung | Entstehende Gase | Besonderheiten |
---|---|---|---|---|
Hirschhornsalz | Mischung von Ammoniaksalzen | Ab 60 ° | Kohlendioxid, Ammoniak | Große Triebkraft, Säure hat keinen Einfluss auf die Reaktion. begünstigt das Entstehen von Acrylamid |
Backpulver | Natriumhydrogencarbonat oder Kaliumhydrogen-carbonat (E 501) kombiniert mit dem Säuerungsmittel Phosphat | Ab 50° | Kohlendioxid | |
Natron | Natriumhydrogencarbonat | Ab 50° | Kohlendioxid | Säure verstärkt die Wirkung |
Pottasche | Kaliumcarbonat | Ab 50° | Kohlendioxid | Benötigt eine Säure, um zu reagieren |
Hefe | Pilzkultur | Ab 20° | Alkoholische Gärung, Alkoholdämpfe, Kohlendioxid | Hefe verwandelt Zucker in Alkohol, dabei entsteht Kohlendioxid. Diese Stoffe entweichen beim Backen |
Kauf und Lagerung von Hirschhornsalz
Da das Produkt auf chemischen Weg erzeugt wird, gibt es keine nennenswerten Unterschiede. Zusätze wie „vegan“ oder „kein Tierprodukt“ sind bedeutungslos, da Hirschhornsalz in der heutigen Zeit nie aus Hirschgeweih oder ähnlichem gewonnen wird.
Wichtig ist, das Salz kühl und trocken zu lagern. Da es schnell fremde Gerüche annimmt, sollte es in einer dichtschließenden Dose verpackt werden und auf keinen Fall bei stark riechenden Gewürzen aufbewahrt werden.
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